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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 24.09.2007
Aktenzeichen: 12 U 134/06
Rechtsgebiete: BRAO, BGB, ZPO


Vorschriften:

BRAO § 51b
BGB § 203 n.F.
BGB § 852 Abs. 2 a.F.
BGB § 1378 Abs. 4
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
Ein pflichtwidriges Verhalten des Rechtsanwalts ist vom Mandanten im Regressprozess darzulegen und zu beweisen, selbst soweit es dabei um negative Tatsachen geht. Das gilt auch bei einem Schadensersatzanspruch wegen angeblich schlechter anwaltlicher Vertretung bei einem Vergleichsabschluss. Grundsätzlich hat im Anwaltshaftungsprozess der Geschädigte ferner den Ursachenzusammenhang zwischen einer gegebenenfalls festzustellenden Vertragsverletzung und dem Schaden als Anspruchsvoraussetzung darzutun und nachzuweisen; eine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast findet auch insoweit nicht statt. Wie der Vorprozess richtig hätte enden müssen, ist vom Regressgericht autonom zu beurteilen.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 12 U 134/06

Verkündet am 24.09.2007,

in dem Rechtsstreit

wegen eines Schadensersatzanspruches aufgrund der Anwaltshaftung.

Der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dierkes, die Richterin am Oberlandesgericht Frey und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Eschelbach

auf die mündliche Verhandlung vom 3. September 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 21. Dezember 2005 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche des Klägers gegen den beklagten Rechtsanwalt aus der Anwaltshaftung für Beratungs- und Vertretungsmängel im Rahmen eines im Jahre 1998 erteilten Mandats des Beklagten zur anwaltlichen Vertretung des Klägers bei der Ehescheidung und hinsichtlich der Scheidungsfolgen gegenüber seiner Ehefrau L. Sch. Die Anwaltshaftungsklage betrifft zwei Punkte.

Der erste Aspekt ist die anwaltliche Vertretung beim Abschluss eines beim zuständigen Familiengericht (AG Westerburg 41 F 340/99) am 12. Januar 2001 abgeschlossenen Widerrufsvergleichs über den Trennungsunterhalt. Darin verpflichtete sich der Kläger zur Zahlung eines Unterhaltsbetrages von 700 DM monatlich für die Zeit vom 1. August 1998 bis 31. Juni 2001. Der Unterhalt für die Folgezeit sollte ebenfalls 700 DM betragen. Der Vergleich war für eine Woche widerruflich, weil der Beklagte nicht persönlich im Termin anwesend war, sondern von Rechtsanwältin Brass vertreten wurde; der Vergleich wurde danach aber weder Beklagten noch vom Kläger widerrufen. Der Kläger hatte sich, um die Sache zu beenden, mit Unterhaltszahlungen von 700 DM monatlich einverstanden erklärt, nachdem seine damalige Ehefrau zunächst 1.295,87 DM eingeklagt gehabt hatte (Bl. 142 GA; AG Westerburg 41 F 340/99). Im vorliegenden Haftungsprozess macht der Kläger geltend, der Beklagte habe selbst oder seine Vertreterin beim Vergleichsabschluss nicht berücksichtigt, dass bei der Bemessung des Trennungsunterhalts nicht der Vorteil seiner jetzt geschiedenen Ehefrau aufgrund der zeitweiligen Nutzung des vormals gemeinsam bewohnten Hauses in Höhe von anteiligen 300 DM monatlich berücksichtigt worden sei. Das betrifft den Zeitraum vom 1. August 1998 bis 21. Dezember 1999. Deswegen hat der Kläger persönlich nachträglich von den Prozessbevollmächtigten seiner geschiedenen Ehefrau unter dem 24. Februar 2003 Rückzahlung von 17 x 300 = 5.100 DM (2.607,59 Euro) verlangt, die aber nicht gezahlt wurden. Diesen Betrag fordert er nun vom Beklagten als Schadensersatz wegen einer anwaltlichen Vertragspflichtverletzung.

Der zweite Punkt ist durch Auswechslung des Klagegrundes von der Haftung wegen fehlerhafter Vertretung im Hausratsteilungsverfahren zur Haftung wegen Beratungs- und Vertretungsmängeln im Verfahren über den Zugewinnausgleich (Bl. 101 f. GA) im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens neu bewertet worden. Er betrifft nun den Zugewinnausgleich insoweit, als dabei der Wert eines Pkws Opel Astra nicht berücksichtigt wurde, den die Ehefrau elf Tage vor der Trennung vom Kläger für 23.000 DM (Bl. 162 GA) zu Alleineigentum erworben hatte. Dieser Pkw war bei einer durch Vergleich erfolgten Regelung des Zugewinnausgleichs nicht berücksichtigt worden. Der Beklagte und der Prozessbevollmächtigte der geschiedenen Ehefrau des Klägers hatten sich nach dem Verkauf des gemeinsamen Hauses und Auskehrung des Erlöses an die geschiedenen Eheleute darauf geeinigt, dass damit der Zugewinnausgleich insgesamt erledigt sei. Dem Kläger hatte der Beklagte im Innenverhältnis mitgeteilt, dass der Pkw nach Ansicht der Prozessbevollmächtigten seiner Ehefrau dem Hausrat zuzuordnen sei. Auf Drängen des Klägers machte der Beklagte im Februar 2003 noch ein Hausratsverteilungsverfahren anhängig, jedoch wurde der diesbezügliche Antrag vom Familiengericht zurückgewiesen, wobei das Familiengericht im Wesentlichen Anspruchsverwirkung annahm. Der Kläger nimmt den Beklagten nun auf Schadensersatz in Höhe von 7.279,85 Euro in Anspruch.

Wegen der beiden Aspekte forderten die neuen Prozessbevollmächtigten des Klägers schon vorgerichtlich vom Beklagten Schadenersatz. Der Beklagte meldete den Fall darauf seinem Berufshaftpflichtversicherer, der jedoch eine Regulierung ablehnte. Zuletzt erklärte der Beklagte am 11. Juni 2004 telefonisch gegenüber dem Beklagten, er werde sich mit ihm wegen einer Einigung in Verbindung setzen; das geschah aber in der Folgezeit nicht.

Der Kläger hat eine Schadensersatzklage erhoben, die dem Beklagten am 11. Dezember 2004 zugestellt wurde. Er hat behauptet, bei dem Vergleich über den Trennungsunterhalt sei er davon ausgegangen, dass der Wohnwertvorteil für seine geschiedene Ehefrau von den Unterhaltsbeträgen für die Zeit vom 1. August 1998 bis zum 21. Dezember 1999 abzusetzen sei. Dass der abgeschlossene und unwiderrufen gebliebene Vergleich dies nicht zulasse, sei ihm nicht verdeutlicht worden. Bezüglich des Zugewinnausgleichs sei mangels eines Anfangsvermögens bezüglich der Ehefrau vom hälftigen Wert des Erlöses aus dem Verkauf des gemeinsamen Hausgrundstücks von 185.000 DM, einem Bankguthaben der geschiedenen Ehefrau von 5.476,30 DM und dem Wert ihres Pkws von 23.000 DM, also von einem Endvermögen von 213.476,30 DM auszugehen, dem beim Kläger nur der hälftige Wert des Verkaufserlöses der Immobilie gegenüberstehe, also 185.000 DM. Daraus ergebe sich eine Differenz von 28.476,30 DM, die zur Hälfte auszugleichen sei, nämlich in Höhe von 7.279,85 Euro. Dieser Betrag sei infolge eines Beratungsfehlers des Beklagten bei der Einigung über die Beendigung des Verfahrens über den Zugewinnausgleich nicht verlangt worden. Das sei ein ersatzfähiger Schaden. Der Kläger hat deswegen beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 8.487,45 Euro nebst Zinsen an ihn zu verurteilen.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat mit Hinweis auf § 51b BRAO die Verjährungseinrede erhoben und sodann eine anwaltliche Pflichtverletzung, eine Schadensverursachung und die Kausalität eines etwaigen Beratungs- oder Vertretungsfehlers dafür in Abrede gestellt. Er hat vorgetragen, es habe ursprünglich ein Unterhaltsbetrag von monatlich rund 1.200 DM im Raum gestanden. Der im Unterhaltsvergleich festgelegte Betrag schließe eine Berücksichtigung des Wohnwertvorteils der Ehefrau durch die zeitweilige alleinige Hausbenutzung ein (näher Bl. 116 GA). Der Kläger habe selbst im Termin vor dem Familiengericht bekundet, dass er den üblichen Betrag zwischen 500 und 700 DM monatlich als Unterhalt zahlen werde. Jedenfalls wäre ein noch günstigerer Vergleich nicht abzuschließen gewesen, weil die Gegenseite einer Reduzierung der Unterhaltsbeträge auf 400 DM monatlich für den Zeitraum vom 1. August 1998 bis 21. Dezember 1999 nicht zugestimmt hätte. Eine richtige Berechnung des Zugewinnausgleichs sei vom Kläger nicht dargelegt worden.

Der Kläger hat darauf erwidert, der Einwand einer unzureichenden fiktiven Zugewinnausgleichsberechnung sei unsubstanziiert.

Das Landgericht hat im Termin vom 23. November 2005 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen W. (Familienrichter), B. (Vertreterin des Beklagten im Unterhaltsprozess), L. Sch. (geschiedene Ehefrau des Klägers) und K. (Prozessbevollmächtigter der geschiedenen Ehefrau). Der Beklagte erhielt darauf einen Schriftsatznachlass zur Erwiderung auf den Schriftsatz des Klägers vom 11. November 2005 (Bl. 141 ff. GA) von einer Woche (Bl. 151 GA). Er äußerte sich dazu fristgerecht (Bl. 157 ff. GA). Er bemängelte, dass der Kläger nicht dargelegt habe, warum der Betrag von 700 DM als monatliche Unterhaltsleistung im Vergleich vereinbart wurde. Insoweit sei die Anwaltshaftungsklage unsubstantiiert. Nachdem das Gericht erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 23. November 2005 darauf hingewiesen habe, dass es der fiktiven Zugewinnausgleichsberechnung des Klägers folgen wolle, sei dazu darauf hinzuweisen, dass die Berechnung des Klägers von falschen Grundlagen ausgehe. Der Erlös aus dem Verkauf des Hausgrundstücks sei nicht je zur Hälfte an die geschiedenen Ehegatten ausgekehrt worden, sondern so, dass der Kläger 200.000 DM, seine Ehefrau dagegen nur 190.000 DM erhalten hätten. Es sei auch nicht zutreffend, dass das Endvermögen der Ehegatten praktisch nur aus dem Hausgrundstück bestanden habe. Vielmehr sei in Luxemburg gelegenes Vermögen vorhanden gewesen. Daraus sei der Kaufpreis für den Pkw bezahlt worden.

Das Landgericht hat der Klage durch Urteil der 15. Zivilkammer vom 21. Dezember 2005 stattgegeben. Es hat angenommen, der Kläger habe Wert darauf gelegt gehabt, dass der Wohnwertvorteil seiner geschiedenen Ehefrau bei der Unterhaltsbemessung beachtet werde. Das sei in dem Vergleich über den Trennungsunterhalt nicht berücksichtigt worden. Der Wohnwertvorteil habe nach der Aussage des Zeugen K. bei der Festlegung des Unterhaltsbetrages auf 700 DM monatlich keine Rolle gespielt. Insoweit sei dem Kläger ein Schaden in Höhe von 2.607,59 Euro entstanden. Sein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten sei auch nicht verjährt, weil der Ablauf der Verjährungsfrist gemäß § 51b BRAO nach § 203 BGB n.F. durch Verhandlungen der Parteien über den Anspruch gehemmt gewesen sei, wobei nach dem letzten Telefonat in jener Sache am 11. Juni 2004 spätestens zu diesem Zeitpunkt eine Hemmung eingetreten sei. Außerdem sei ein Schadensersatzanspruch des Klägers wegen fehlerhafter Beratung und Vertretung im Verfahren über den Zugewinnausgleich anzunehmen. Bei der Bemessung des Zugewinnausgleichs sei der Pkw der geschiedenen Ehefrau des Klägers nicht berücksichtigt worden. Der Beklagte habe auf die Hausratsverteilung verwiesen, wobei aber die Annahme, dass es sich um einen Hausratsgegenstand gehandelt habe, falsch gewesen sei. Es sei von der fiktiven Zugewinnausgleichsverteilung nach Maßgabe des Klägervortrags auszugehen. Dagegen habe der Beklagte keinen substantiierten Einwand erhoben. Abweichendes Vorbringen im nachgelassenen Schriftsatz vom 28. November 2005 sei nicht mehr zu berücksichtigen, weil der Schriftsatz nur zur Erwiderung auf den Klägerschriftsatz vom 11. November 2005 gewährt worden sei, nicht zur Anbringung anderer neuer Tatsachenbehauptungen. Der Schadensersatzanspruch des Klägers wegen Nichtberücksichtigung des Pkws beim Zugewinnausgleich sei auch nicht verjährt. Das folge aus der Sekundärhaftung des Beklagten. Dieser sei vom Kläger zur Geltendmachung der Hausratsverteilung aufgefordert worden, die er erst im Jahre 2003 beantragt habe. Dabei sei absehbar gewesen, dass der Fehler im Zugewinnausgleichsverfahren erfolgt gewesen sei und die Verjährung eines Ersatzanspruchs des Klägers drohte. Das Unterlassen eines Hinweises des Beklagten an den Kläger auf diese Umstände begründe eigenständig die Haftung des Beklagten; dafür sei die Verjährung nicht eingetreten.

Gegen dieses ihm am 30. Dezember 2005 zugestellte Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er erstrebt die Urteilsabänderung und die Abweisung der Klage (Antrag Bl. 203 GA). Der Beklagte meint zunächst, es sei hinsichtlich der Anwaltshaftung Anspruchsverjährung eingetreten. Bezüglich der Forderung betreffend die Nichtherabsetzung des Trennungsunterhalts mit Blick auf den Wert der Hausbenutzung durch die geschiedene Ehefrau sei der geltend gemachte Schaden mit Ablauf der Frist für den Widerruf des Vergleichs am 19. Juni 2001 eingetreten; dann habe die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 51b BRAO begonnen. Der Fristablauf sei daher auf den 19. Juni 2004 festzulegen. Die Klage sei erst unter dem 5. November 2004 erhoben und am 11. Dezember 2004 rechtshängig geworden, also verspätet. Die Sekundärhaftung greife nicht ein, weil der Kläger schon vor Fristablauf neue Prozessbevollmächtigte beauftragt gehabt habe und er außerdem selbst schon lange davor über die Nichtbeachtung des Wohnwertvorteils der geschiedenen Ehefrau im Unterhaltsvergleich gewusst habe. Eine Hemmung der Verjährung wegen Verhandlungen komme nicht in Frage. Auf den Fall des § 51b BRAO sei § 852 Abs. 2 BGB a.F. nicht anwendbar gewesen. Der vom Landgericht herangezogene § 203 BGB n.F. sei nicht einschlägig. Die Reform der Verjährungsregeln habe die Vorschriften über die Anspruchsverjährung aus abschließenden Regelungen in Nebengesetzen nicht erfasst. Bezüglich der Festlegung des Zugewinnausgleichs sei die Verjährungsfrist für den Anspruch des Klägers auf Zugewinnausgleich drei Jahre nach Kenntnis des Beklagten von der Beendigung des Güterstands abgelaufen gewesen. Der Güterstand sei mit Rechtskraft des Ehescheidungsurteils am 7. Juli 1998 beendet gewesen; an jenem Tage habe der Kläger von dieser Tatsache erfahren. Daher sei die dreijährige Verjährungsfrist am 7. Juli 2001 abgelaufen gewesen. Auf Verhandlungen der Parteien über den Zugewinnausgleich komme es mit Blick auf § 1378 Abs. 4 BGB für die Verjährung des Zugewinnausgleichsanspruchs nicht an. Der Regressanspruch des Klägers gegen ihn, den Beklagten, sei drei Jahre nach Abschluss des angeblich mangelhaften Vergleichs über den Zugewinnausgleich verjährt, also spätestens im November 2002. Hilfsweise wäre er jedenfalls drei Jahre nach Ablauf der Verjährung des Zugewinnausgleichsanspruchs am 7. Juli 2004 verjährt gewesen. Zu jenem Zeitpunkt seien die neuen Prozessbevollmächtigten bereits mandatiert gewesen, so dass eine Sekundärhaftung nicht zu begründen sei. Überdies habe der Kläger selbst schon vorher Kenntnis von "Schädiger und Schaden" gehabt. Schließlich fehle es an einer schuldhaften Sekundärpflichtverletzung. Unabhängig von der Verjährungsfrage fehle es an einer schlüssigen Darlegung zum Bestehen eines Schadensersatzanspruchs aufgrund anwaltlicher Pflichtverletzung und schuldhafter Verursachung eines Vermögensschadens. Beim Unterhaltsvergleich sei davon auszugehen, dass die geschiedene Ehefrau des Klägers durch ihre Prozessbevollmächtigten einer Reduzierung der Unterhaltsforderung um 300 DM für die Zeit der alleinigen Nutzung der Ehewohnung nicht zugestimmt hätte. Das gehe aus der Aussage des Zeugen K. hervor. Der Kläger habe nicht vorgetragen, welche Regelung anstelle des Vergleichs, wenn dieser nicht zustande gekommen wäre, zu erzielen gewesen wäre. Zudem sei zunächst von einem Unterhaltsanspruch von 1.200 DM (1.295,87 DM in AG Westerburg 41 F 340/99) ausgegangen worden, der im streitbefangenen Vergleich auf 700 DM reduziert worden sei. Dass der Wohnwertvorteil dafür nicht maßgebend gewesen sei, habe der Kläger nicht nachvollziehbar dargetan; das treffe im Übrigen auch nicht zu, weil der Wohnwertvorteil schon vorab bei der Bestimmung eines von der geschiedenen Ehefrau geltend gemachten Unterhaltsanspruchs herausgerechnet gewesen sei (näher Bl. 215 f. GA). Die Darlegungslast für die anspruchsbegründenden Umstände liege aber im Anwaltshaftungsprozess beim Kläger. Dem habe dieser nicht Rechnung getragen, weil die Basis des Vergleichs über den Trennungsunterhalt nicht mitgeteilt worden sei. Schließlich sei der Vergleich im Ergebnis für den Kläger sogar vorteilhaft gewesen. Im Verfahren über den Zugewinnausgleich sei von den Ehegatten durch den Vergleich ein Schlussstrich unter die Auseinandersetzung gezogen worden. Von einer Nichtbeachtung des Pkw-Werts könne nicht ausgegangen werden. Die fiktive Zugewinnberechnung des Klägers sei verkürzend dargestellt worden. Unbeachtet geblieben sei, dass der Erlös aus dem Verkauf des Hausgrundstücks ungleich auf die Ehegatten verteilt worden sei, wobei der Kläger 10.000 DM mehr erhalten habe als seine geschiedene Ehefrau. In Luxemburg belegenes Ehegattenvermögen sei aus der Auseinandersetzung herausgehalten worden. Der Wert des Pkws sei zudem nicht identisch mit dem Kaufpreis, der ein Jahr vor Beendigung des Güterstandes gezahlt worden war. Schließlich habe der Kläger selbst ein anderes Fahrzeug (VW Passat) beim Auszug mitgenommen und beim Zugewinnausgleich nicht berücksichtigt. Nachdem das Landgericht erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 23. November 2005 auf die Berechnung des Zugewinnausgleichs durch den Kläger verwiesen habe, sei mit dem Schriftsatz vom 28. November 2005 seitens des Beklagten "nachgearbeitet" worden, was vorher schon thematisiert gewesen sei. Sein Vorbringen sei daher nicht zu präkludieren gewesen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er verteidigt das angefochtene Urteil. Er bestreitet - zuletzt noch erläuternd auch im nachgereichten Schriftsatz vom 18. September 2007 - seine Darlegungslast für die Grundlagen des Vergleichs über den Trennungsunterhalt. Es sei angesichts der gewählten Vergleichsformulierung Aufgabe des Beklagten darzutun und zu beweisen, dass ihm kein Schaden entstanden sei, da der Schaden "insoweit offenkundig" sei. Die Herabsetzung des Unterhaltsbetrages sei der Tatsache geschuldet gewesen, dass zur Zeit des Vergleichsabschlusses ein Sachverständigengutachten über die Erwerbsfähigkeit seiner geschiedenen Ehefrau vorgelegen hätte, das für diese nachteilig ausgefallen sei. Zum Zugewinnausgleichsverfahren habe der Beklagte ihm mitgeteilt, dass der Wert des Pkws nicht verloren gehe, weil er immer noch bei der Hausratsverteilung berücksichtigt werden könne. Die Verjährungseinrede greife nicht durch.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Hinsichtlich der Feststellungen das Landgerichts verweist der Senat nach § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Gründe des angefochtenen Urteils.

II.

Die Berufung des Beklagten ist begründet. Die Klage ist abzuweisen, weil sie unschlüssig und deshalb unbegründet ist.

1. Die Annahme eines Schadensersatzanspruches zu Gunsten des Klägers gegen den Beklagten wegen einer Pflichtverletzung hinsichtlich des Unterhaltsvergleichs ist fehlerhaft. Die Klagebegründung ist unsubstantiiert und erweist sich im Ergebnis auch eindeutig als falsch. Der anteilige Wohnwertvorteil der Ehefrau des Klägers war bereits rechnerisch abgesetzt gewesen, bevor der Vergleich zu einer weiteren Wertreduzierung der monatlichen Unterhaltsleistungen gelangte; er spielte beim Vergleich keine Rolle, weil er bereits zuvor erledigt worden war. Daher liegt insoweit keine anwaltliche Beratungspflichtverletzung vor. Das Landgericht hat dazu auch die Darlegungslast unrichtig bewertet. Ein pflichtwidriges Verhalten des Rechtsanwalts ist vom Mandanten darzulegen und zu beweisen, selbst soweit es dabei um negative Tatsachen geht (vgl. BGH NJW 1987, 1322, 1323; 1993, 1139, 1140; WM 2007, 1183, 1185). Da es hier um die Pflichtverletzung bei einer Regelung eines streitigen Rechtsverhältnisses durch Vergleich, also durch gegenseitiges Nachgeben, gegangen ist, wäre vom Kläger zunächst darzulegen gewesen, auf welcher Grundlage die Vergleichsregelung über den Unterhaltsanspruch in Höhe von 700 DM monatlich für die Trennungszeit vereinbart wurde. Das wäre um so mehr von Bedeutung gewesen, als er selbst im Termin vor dem Familiengericht angegeben hatte, er sei dazu bereit, den üblichen Unterhalt in Höhe von 500 bis 700 DM zu zahlen (AG Westerburg 41 F 340/99 Bl. 137). Zudem war ein Unterhaltsvergleich über eine monatliche Zahlung von 1.200 DM ab dem 1. Februar 1997 vorangegangen (AG Westerburg 4 F 62/97 Bl. 22 f.), bei dem der Wohnvorteil der Ehefrau ebenfalls bereits berücksichtigt gewesen war (Bl. 2, 9 f., 20 f. a.a.O.). Auch war der von den Parteien im Unterhaltsprozess thematisierte Wohnwert schon vom Gericht vor dem hier streitgegenständlichen Unterhaltsvergleich vom Gericht geschätzt und in diesem Umfang berücksichtigt worden (AG Westerburg 41 F 340/99 Bl. 38), wonach der gerichtliche Vergleichsvorschlag immer noch monatliche Unterhaltsraten von 1.205,37 DM ergeben hatte. Die weitere Reduzierung der monatlichen Unterhaltsraten auf 700 DM monatlich im schließlich abgeschlossenen und hier streitgegenständlichen Vergleich - nach vorgreiflicher Berücksichtigung des Wohnwertabzuges - beruht nach Lage der Dinge allein auf der Annahme der prinzipiellen Erwerbsfähigkeit der geschiedenen Ehefrau des Klägers. Der Wohnwertvorteil spielte dabei offensichtlich keine Rolle mehr, weil er schon vorab herausgerechnet gewesen war. Bei dieser Ausgangslage wäre es zumindest Sache des Klägers gewesen, im Anwaltsregressprozess im Einzelnen darzulegen, auf welcher Grundlage der Vergleich abgeschlossen worden ist und weshalb - entgegen allem Anschein - der Wohnwert im zuletzt abgeschlossenen Vergleich nicht (vorab) berücksichtigt wurde. An einer solchen Darlegung des Vorliegens einer objektiven Pflichtverletzung fehlt es indes. Anzumerken ist schließlich, dass Nebeneinkünfte des Klägers (Bl. 45, 63 in 41 F 340/99 AG Westerburg) bei der Unterhaltsbemessung offenbar unberücksichtigt geblieben sind und die Annahme der Beachtlichkeit einer Erwerbsfähigkeit der Ehefrau ungeachtet eines ausgeprägten Wirbelsäulensyndroms, einer Polyarthrose, einer massiven Adipositas und einer depressiven Verstimmung (Bl. 94 in41 F 340/99 AG Westerburg) aus der Sicht des Senats durchgreifenden Bedenken unterliegt.

Grundsätzlich hat im Anwaltshaftungsprozess der angeblich Geschädigte ferner auch den Ursachenzusammenhang zwischen der gegebenenfalls festzustellenden Vertragsverletzung und dem Schaden als anspruchsbegründende Voraussetzung darzutun und nachzuweisen; eine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast findet insoweit nicht statt (vgl. BGHZ 126, 217, 221 f.). Warum sich der Kläger auch im Schriftsatz vom 18. September 2007 immer noch auf den gegenteiligen Rechtsstandpunkt stellt, ist nicht nachvollziehbar. Der Kläger hätte nach anerkannten Grundsätzen des Anwaltshaftungsrecht im Einzelnen dartun und beweisen müssen, dass eine weitere Reduzierung der zunächst nach dem Vergleich vom 18. März 1997 (AG Westerburg 4 F 62/97 Bl. 22 f.) festgelegten Unterhaltsforderung von 1.200 DM unter die tatsächlich im Vergleich vom 12. Juni 2001 (AG Westerburg 41 F 340/99 Bl. 137 f.) festgehaltenen 700 DM auf 400 DM monatlich für die Zeit vom 1. August 1998 bis 21. Dezember 1999 erfolgt wäre, wenn er diesbezüglich eine weitere anwaltliche Tätigkeit bei der Beratung des Klägers und seiner Vertretung im Unterhaltsprozess - gegebenenfalls nach Widerruf des Vergleichs - entfaltet hätte. Dazu fehlt schon ein nachvollziehbarer Sachvortrag, zumal die Ansicht des Klägers aber auch in tatsächlicher Hinsicht eindeutig falsch ist; das wurde oben schon dargetan. Überdies ist nach der Aussage des Zeugen K. als Beweisergebnis davon auszugehen, dass zumindest ein Vergleich mit einem solchen Inhalt, wie ihn der Kläger jetzt als richtig bezeichnet, nicht zustande gekommen wäre. Der Kläger hätte dann weiter darlegen und unter Beweis stellen müssen, dass ohne Vergleichsabschluss jedenfalls auf anderem Wege ein um 300 DM pro Monat für die Zeit vom 1. August 1998 bis 21. Dezember 1999 günstigeres Prozessergebnis im Unterhaltsrechtsstreit erzielt worden wäre. An einer solchen Sachdarlegung und einem darauf bezogenen Beweisantritt fehlt es ebenfalls. Das fällt wiederum auch deshalb ins Gewicht, weil der vorherige gerichtliche Vergleichsvorschlag eben noch weit über dem Resultat des schließlich abgeschlossenen Unterhaltsvergleichs gelegen hatte und der reklamierte Wohnwertvorteil schon vorher abgesetzt gewesen war. Das ist auch mit Blick auf die weitere Prozesslage im Unterhaltsrechtsstreit ein durchgreifender Mangel. Danach war zuletzt durchaus streitig gewesen, ob die geschiedene Ehefrau sich ein fiktives Arbeitseinkommen zurechnen lassen musste. Sie war während der Ehezeit für rund 21 Jahre nicht berufstätig gewesen, weil der eheliche Sohn M. schwerstbehindert war. Auch der seit seinem 43. Lebensjahr berentete Kläger war vielfach verletzt und erkrankt gewesen (vgl. die 36 Positionen in Bl. 126 der Akte 41 F 340/99 AG Westerburg) und daher unterstützungsbedürftig. Bei der Ehefrau lagen zuletzt die Diagnosen eines ausgeprägten degenerativen Gesamtwirbelsäulensyndroms, einer Polyarthrose, eines deutlichen Übergewichts, einer länger anhaltenden depressiven Verstimmung vor dem Hintergrund des Todes des Sohnes und der Zerrüttung der Ehe vor. Danach stellte sich unbeschadet des Vorliegens einer angegriffenen gut­achterlichen Stellungnahme des Sachverständigen Dr. R. (AG Westerburg 41 F 340/99 Bl. 79 ff.) die eine rechtliche Wertung einschließende Frage der Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit. Der Senat verneint diese Frage aus der Sicht des Regressgerichts. Zu dieser Ausgangslage des Vergleichsabschlusses und zur Frage des "richtigen" Ausgangs des Unterhaltsprozesses im Fall des Scheiterns des tatsächlich abgeschlossenen Vergleichs, welche vom Schadensersatzgericht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs autonom zu beurteilen ist (vgl. BGHZ 72, 328, 330; 124, 86, 96; 133, 110, 111), fehlt aber auch schon ein ausreichender Klägervortrag. Dieser kann nicht allein aufgrund der Annahme, der im Unterhaltsprozess umstrittene Wert der Wohnungsbenutzung durch die geschiedene Ehefrau in der Trennungszeit sei nicht erkennbar in den Vergleich eingeflossen, zugunsten des Klägers entschieden werden. Tatsächlich hatte er im Vergleich nichts mehr zu suchen, weil er schon lange vorher herausgerechnet gewesen war. Das wurde bei der Bemessung der weiteren Monatsraten zuungunsten der Ehefrau des Klägers übersehen. Der Kläger wurde im Vergleich begünstigt, nicht - wie er immer noch meint - benachteiligt.

Auf die Verjährungsfrage kommt es nach allem nicht mehr an.

2. Bezüglich des zweiten Punktes fehlt es ebenfalls an einem schlüssigen Klagevortrag. Ein pflichtwidriges Verhalten des Rechtsanwalts wäre auch insoweit vom Mandanten im Einzelnen darzulegen und zu beweisen. Dazu wäre es - nach Klageänderung - erforderlich gewesen, die Lage zur Zeit der Einigung der Parteien des Verfahrens über den Zugewinnausgleich und deren Gründe darzulegen. Es reicht dafür nicht aus, allein das Endvermögen nur hinsichtlich zweier Punkte und dessen Aufteilung darzutun und zu behaupten, dass dabei der Pkw unberücksichtigt geblieben sei. Das Bestreiten des Beklagten war - zumal nach einer Klageänderung - ausreichend, weil der Kläger seiner Darlegungslast schon nicht genügt hatte. Zudem hatte das Gericht selbst seiner Verpflichtung zu einem Hinweis nicht Genüge getan, auf den der Beklagte noch reagieren konnte. Daher war es nicht befugt, das Vorbringen im nachgelassenen Schriftsatz zu präkludieren. Berücksichtigt man aber das dortige Vorbringen und den Sach- und Streitstand im Berufungsrechtszug, dann ist es unstreitig, dass der Erlös aus dem Hausverkauf ungleich aufgeteilt wurde und außerdem noch weiteres Vermögen, das in Luxemburg belegen ist, vorhanden war und durch den Vergleich über die Beendigung des Zugewinnausgleichs verdeckt bleiben sollte. Bei dieser Sachlage kann der Vergleich darüber, dass nach (ungleichmäßiger) Verteilung des Erlöses aus dem Verkauf des Hausgrundstücks der Zugewinnausgleich beendet sei, nicht als pflichtwidrig zum Nachteil des Klägers angesehen werden. Die Eheleute wollten den Rechtsstreit um den Zugewinnausgleich durch Vergleich beenden, ohne alle Einzelgegenstände aufzuwiegen. Auch sollte das in Luxemburg belegene Vermögen unerwähnt bleiben. Dann lässt sich eine Fehlerhaftigkeit des Vergleichs zum Nachteil des Klägers nicht feststellen.

Tatsächlich war zudem der streitbefangene Pkw von den Prozessbevollmächtigten der geschiedenen Ehefrau des Klägers dem Hausrat zugerechnet worden (Bl. 11 in 41 F 290/99 AG Westerburg). Darüber hatte der Beklagte den Kläger folglich zutreffend informiert. Auch insoweit liegt eine Pflichtverletzung des Beklagten bei der anwaltlichen Tätigkeit nicht vor.

Das Hausratsverteilungsverfahren ist nicht mehr Streitgegenstand des Regressprozesses. Was der Kläger dazu vorträgt, ist daher unerheblich. Es trifft im Übrigen nicht zu. Dass der Beklagte auf nachdrückliches Verlangen des Klägers nachträglich nochmals das Hausratsverteilungsverfahren zu betreiben versucht hat, ist kein Regressgrund.

Auf die Verjährungsfrage kommt es auch im zweiten Punkt nicht an. Die Anknüpfung an eine Sekundärhaftung erscheint hier im Übrigen zumindest zweifelhaft, weil auch eine sekundäre Pflichtverletzung vom Kläger nicht hinreichend substantiiert vorgetragen wurde.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Ein Grund zur Zulassung der Revision im Sinne von § 543 Abs. 2 ZPO besteht nicht, weil der Senat der ständigen Rechtsprechung zu den Anforderungen an die Sachdarlegung und Beweisführung im Anwaltshaftungsprozess folgt.

Der Streitwert im Berufungsverfahren beträgt 8.487,45 Euro.

Ende der Entscheidung

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